© Heino Weidmann Hat Gott wirklich? gesagt – 95ThesenTeil2.de zu deinem Sieg über die Sünde durch Jesus Christus, Teil 2 Zusammenfassung Neues Testament – Exkurs unbewusste Schuld, epubli.de, 2021.
Exkurs unbewusste Schuld
Mögliche unbewusste Schuld wird in den Briefen des Paulus nur an dieser Stelle erwähnt. Bei den anderen neutestamentlichen Schreibern wird sie nicht thematisiert. Das ist erstaunlich.
Aus dem Alten Testament und dem täglichen Leben wissen wir, dass wir vielfach an allen möglichen Stellen unbewusst an Menschen schuldig werden können. Das ist unsere Erfahrung. Wie gut, dass wir beten dürfen „Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern“. Das Alte Testament bestätigt uns auch, dass unbewusste Schuld unbedingt eines Sühneopfers bedarf (z. B. 4 Mose 15, 24; Psalm 19, 12). Doch Gott legt in seinem Wort im Neuen Testament keinen Schwerpunkt darauf. Er geht einen anderen Weg. Durch sein messerscharfes Wort und seine Lehre macht er uns unsere unbewusste Schuld bewusst (Hebr 4, 12) und zeigt uns seinen Weg und Ziel (1 Tim 1, 5). So bringt er uns dazu, von unseren falschen Wegen umzukehren. Es ist die Aufgabe der Wortverkündiger im Leib Christi, durch Gottes Wort unsere unbewusste Schuld bloßzulegen und Gottes Volk zu helfen, sich zu reinigen und auf Gottes Wegen zu gehen (1 Tim 4, 13ff; Hebr 4, 12). Und wer keine Prediger hat, hat das Wort Gottes für sich. Es geht Gott nicht darum, dass es keine unbewusste Schuld gäbe, nein. Aber er kann und will sie durch sein Wort offen- und bloßlegen und dadurch sein Volk zur Umkehr führen.
Gottes Wort ist in der Lage, uns JEDE Art von unbewusster Schuld aufzudecken (Hebr 4, 12; 2 Tim 3, 16+17). Und Gott tut das in seinem Wort immer, um nach dem Aufdecken von Schuld diese zu bereinigen und auf neue, schuldfreie Wege zu führen (ebd.). Schuldaufdeckung ist keine Sackgasse der Verzweiflung, sondern die Eröffnung eines neuen Lebens.
Indirekt ist ein weiter Bereich von möglicher unbewusster Schuld in der Frage verschiedener Kulturen enthalten. Paulus hatte unablässig alle Menschen im Blick. Alles was er tat, sollte dazu dienen, dass sie errettet werden und dass er keinem Menschen einen Anstoß zu Sünde gibt.
1 Kor 9,22 N
Den Schwachen bin ich wie ein Schwacher geworden, um die Schwachen zu gewinnen. Ich bin allen alles geworden, um unter allen Umständen wenigstens einige zu retten.
1 Kor 10, 32-33 N
Ihr dürft durch euer Verhalten niemand zur Sünde verleiten – weder Juden noch Griechen noch sonst jemand von Gottes Gemeinde. So mache ich es auch. Ich versuche, in allen Dingen auf alle Rücksicht zu nehmen. Dabei suche ich nicht meinen eigenen Vorteil, sondern den Vorteil aller, damit sie gerettet werden.
Paulus war ein absolut guter Kenner aller Kulturen seines damaligen Umfeldes. Und er verhielt sich bewusst in seinem jeweiligen Umfeld kulturell angepasst. Er wollte die Menschen dort abzuholen, wo sie waren und ihnen keinen Anstoß geben. Gott geht also mit dem Thema unbewusste Sünde proaktiv vor: Sie soll verhindert oder minimiert werden durch Kennen-Lernen von Kulturen, durch das persönliche Bemühen, in die jeweilige Kultur einzutauchen und durch selbstlose Liebe. Und hat nicht innerhalb jedes Kulturkreises jeder Mensch seine eigene, ganz persönliche Kultur? Wie Christus einer von uns wurde und sich ganz besonders auf jeden einzelnen Menschen einstellte und ihm ganz persönlich begegnete, so setzte es Paulus auch in seinem Leben um. Und wie Christus selber erwartet er das auch von allen Christen. Dass dies ein Lernprozess ist, bei dem wir alle viele Fehler machen können und werden, ist uns menschlich gesehen klar. Und auch die Schrift und Paulus sind da realistisch: „Ertragt euch in Liebe“ sagen sie (Eph 4, 2). Manch ein Elefant weiß gar nicht, wie viel Porzellan er im Laden zerschlägt. Zu solchen gehörte Paulus sicher nicht – denn er unternahm alle Anstrengungen, um niemanden ein Anstoß zu sein. Und wir lesen nirgendwo von offensichtlichen Kulturfehlern von Paulus, mit Ausnahme vielleicht, dass er in seiner Predigt in Athen gleich von der Auferstehung Jesu sprach, ohne vorher von der Kreuzigung Jesu zu sprechen. Aber das wäre eher als Lernprozess (siehe 1 Kor 2, 1-2), denn als Sünde zu verstehen.
Das Neue Testament sagt nun zwar nicht, dass wir bei unbewussten Kulturfehlern automatisch (unbewusste) Schuld auf uns laden. Aber sie legt die volle Verantwortung auf uns, uns zu bemühen, uns kulturell in unser Umfeld einzufühlen und entsprechend feinfühlig zu verhalten. Wo wir das bewusst nicht tun, wird es zur Sünde.
Jesus zeigt uns allerdings, dass die Kulturen selber auch Fehlbildungen haben können, die korrigiert werden müssen. Er tadelt die Frömmigkeitskultur seiner Zeit mit klaren Worten. Paulus tat es ihm in seinen Predigten einfühlsam gleich (Apg 14, 15ff; 17, 36-34). Und Widerstand der Hörer ist nicht gleich ein Zeichen von Sünde beim Prediger (Apg 7, Apg 13, 50+51 etc.).
Kommen wir zur untersuchten Bibelstelle zurück. Paulus ist sich nichts bewusst, aber dadurch ist er nicht gerechtfertigt. Christus wird erst am Jüngsten Tag das Verborgene der Herzen offenbaren. Und doch gilt keine pauschale Unterstellung von Schuld. Die Möglichkeit für Schuld wird aber die Tür offengehalten. Wir werden ermutigt zu dem, was möglich ist: Wir können Gott zu dienen, ohne uns einer Schuld bewusst zu sein. Und das auch, wenn unsere Bibelkenntnis zunimmt und wir die ganze Fülle von Gottes Geboten im Detail entdecken und auch unsere Begrenzungen wahrnehmen. Selbst wenn wir in unserem Gewissen bis zum Niveau eines Apostels Paulus kommen, wenn wir das ganze Wort Gottes bestmöglich kennen und die höchste denkbare Verantwortung tragen: Wir können Jesus mindestens so dienen, dass uns keine Schuld bewusst ist.
Wir lesen weder hier, noch an irgendeiner anderen Stelle in den Berichten über Paulus oder in seinen Briefen von
- Sünden, die Paulus bewusst waren, oder von denen er umkehren musste
- einem schlechten Gewissen aufgrund seines Sünderseins
- von einer Niederlage im Kampf gegen die Sünde
Am ehesten könnte man noch beim Lesen des Römerbriefes vermuten, dass Paulus der Sünde unterlag. Wie wir aber in der Besprechung des Römerbriefes gesehen haben, beschreibt Paulus durchaus seinen früheren Kampf als Unbekehrter oder/und noch fleischlich orientierter Christ gegen die Sünde, der er damals unterlag. Aber das ist ganz offensichtlich nicht mehr seine normale Erfahrung. Denn Gott gibt ihm und uns den Sieg durch unseren Herrn Jesus Christus (Röm 7, 25) und durch den Geist Gottes kann er und können wir die Sünde überwinden (Röm 6, 6+14). Nur noch im Galaterbrief wird dieser Streit zwischen Gottes Geist in uns und unserer alten menschlichen Natur kurz angerissen. Aber auch da spricht Paulus uns Gläubigen Mut zu (Gal 5, 16-18): Durch den Geist Gottes können wir in diesem Kampf als Sieger hervorgehen.
Und auch an anderen Stellen rühmt Paulus den Sieg, den Christus uns als seinen Kindern gibt.
1 Kor 15, 56-57 S
Der Giftstachel des Todes ist die Sünde, und die Kraft der Sünde kommt durch das Gesetz. Doch Gott sei Dank! Durch Jesus Christus, unseren Herrn, gibt er uns den Sieg!
Paulus redet von Sieg und er rechnet mit Sieg im christlichen Leben. Sieg war seine tägliche Erfahrung: Überall spricht Paulus davon, wie er mit bestem Gewissen Gott dient und wie tadellos er lebt. Außer bei seiner Ermahnung an die Korinther in 1 Kor 4, 3-6 bezeugt er auch an vielen anderen Stellen, wie rein sein Gewissen ist, sowohl vor Menschen als auch vor Gott. Ja, er kann sogar Gott als Zeugen anrufen und die Menschen, unter denen er gelebt hat, wie rein seine Motive und die seiner Begleiter immer waren.
2 Kor 13, 5-9 N
Fragt euch doch einmal selbst, ob ihr im Glauben steht, und prüft euch! Erfahrt ihr dann nicht an euch selbst, dass Christus in euch ist? Wenn nicht, dann hättet ihr euch nicht bewährt. Ich hoffe nur, dass ihr erkennt: Wir haben nicht versagt!
2 Kor 2, 17 N
Denn viele verbreiten die Botschaft von Gott wie solche, die Handel treiben. Wir jedoch predigen völlig aufrichtig. Wir reden – als ob unsere Worte aus Gott selbst kämen – in der Verantwortung vor Gott und in der Kraft von Christus.
1 Thess 2, 4-6 N
Nein, Gott hat uns geprüft, für geeignet gehalten und uns so mit dem Evangelium betraut. Deshalb verkünden wir diese Botschaft – nicht um Menschen zu gefallen, sondern wir tun es in der Verantwortung vor Gott, der unsere Motive hinterfragt. Ihr wisst, dass wir nie versucht haben, uns mit schönen Worten bei euch einzuschmeicheln oder uns gar an euch zu bereichern. Dafür ist Gott unser Zeuge. Wir haben auch niemals die Ehre von Menschen gesucht – weder von euch noch von anderen. … Ihr selbst könnt es bestätigen und auch Gott ist unser Zeuge, wie unser Verhalten in jeder Hinsicht korrekt und tadellos war, und von der Ehrfurcht zu Gott bestimmt wurde.
2 Kor 1, 12 N
Denn unser Ruhm besteht im Zeugnis unseres Gewissens: Überall in der Welt und besonders bei euch war unser Verhalten von Aufrichtigkeit und Lauterkeit Gott gegenüber bestimmt. Wir ließen uns nicht von eigener Klugheit leiten, sondern von der Gnade Gottes.
2 Kor 4, 1-2 N
Deshalb lassen wir uns in diesem Dienst, den wir durch die Barmherzigkeit Gottes empfangen haben, nicht entmutigen. Wir haben uns von allen beschämenden Heimlichkeiten losgesagt. Wir arbeiten weder mit Tricks noch verfälschen wir das Wort Gottes, sondern lehren die Wahrheit ganz offen. Dadurch empfehlen wir uns vor den Augen Gottes dem Gewissensurteil aller Menschen.
2 Kor 6, N
Und dabei geben wir in keiner Hinsicht irgendeinen Anstoß, damit der Dienst nicht in Verruf gerät, sondern wir empfehlen uns in allem als Diener Gottes.
Röm 9, 1-3 N
Was ich jetzt sage, sage ich vor Christus. Mein Gewissen bestätigt es, und der Heilige Geist bezeugt mir, dass es die Wahrheit ist: Mein Herz ist von tiefer Traurigkeit erfüllt, und es quält mich unablässig, wenn ich an die Angehörigen meines Volkes denke, an meine Brüder und Schwestern, mit denen ich durch die gemeinsame Abstammung verbunden bin. Für sie hätte ich es auf mich genommen, verflucht und für immer von Christus getrennt zu sein.
An so vielen Stellen bezeugt Paulus, wie rein seine Motive und die seiner Begleiter sind. Er kann Gott als Zeuge seines Gewissens anrufen, wie ehrlich gut er es meint. Und er kann die Gemeinden selber als Zeugen anrufen. Sie haben sein und das Leben der Begleiter des Paulus ganz hautnah mitbekommen. Diese Beteuerungen der absolut reinen Motive des Paulus stehen im krassen Gegensatz zur Aussage des Paulus in 1 Kor 4, 4-5, wonach erst der Herr das Verborgene der Herzen ans Licht bringen wird. „Da ist nicht böses Verborgenes und Böses in meinem /unseren Herzen“ wiederholt Paulus unablässig. „Gott ist Zeuge“ und „Ihr seid Zeuge“ kann Paulus immer wieder rufen. Wie kann Paulus das aber tun, wenn Christus die verborgenen Motive aller Menschen erst bei seiner Wiederkunft ans Licht bringen wird? Paulus konnte die Gemeinden, unter denen er gewirkt und gelebt hatte, als Zeugen seines absolut reinen Lebenswandels in Liebe und Heiligkeit anrufen. Und er konnte es, obwohl er bei seinem Dienst in den Gemeinden oft in Verfolgungssituationen war und sehr eng mit ihnen zusammenlebte. Jede sündliche Schwäche des Apostels wäre daher gnadenlos offenbar geworden. Ja, Paulus „rühmt“ sich sogar der absoluten Reinheit seiner Motive. Und das nicht, um selber groß herauszukommen, sondern um seinen Lesern/Hörern zu zeigen, dass sie ihm absolut vertrauen können. Welcher Prediger heute würde wagen, seine Gemeinde so als Zeugen seines reinen, heiligen Lebenswandels in Liebe als Zeugen anzurufen? Und doch: Paulus tat es, da er wusste, dass weder er sich selbst, noch andere ihm etwas vorwerfen konnten.